Wer glaubt, Nintendo hätte keine Ahnung von verflucht anspruchsvollen Hardcore-Games, hat offensichtlich noch nie Fire Emblem in der Hand gehabt. Statt Einheiten wie Kanonenfutter zu behandeln ist in diesem RBS (für: Round Based Strategygame), nicht nur jede Einheit ein Freund, den es nicht zu verlieren gilt, sondern dank des serientypischen Permadeaths bei einer Niederlage auch unwiderbringlich verloren. Dieser doch eher untypische Gameplay-Ansatz hatte leider auch immer zur Folge, dass die Serie gerade im Westen nur schwer Fuß fassen konnte. Mit Fire Emblem: Awakening soll sich das nun ändern.
Ein geduldiger Taktiker
Das Gameplay von Fire Emblem: Awakening ist relativ leicht erklärt. Ihr steuert eine kleine Armee in einem Kampf gegen eine andere und zwar rundenbasierend. Pro Zug steuert ihr jede Einheit einzeln und habt die Möglichkeit, den Gegner anzugreifen, eure Verbündeten mit Heilung und Buffs zu unterstützen, oder mit ihnen Items zu tauschen. Die Kämpfe laufen alle sehr statisch ab. Wenn ihr einen Gegner angreift, seht ihr, wie viel Schaden eure Einheit austeilen wird, wie wahrscheinlich der Treffer ist und noch vieles mehr. Überraschungen gibt es damit kaum, zumal ihr auch über Bewaffnung, Handlungsraum und Stärke des Gegners bestens informiert seid. Statt spontan umzudenken kommt es in Fire Emblem: Awakening also eher auf die Planung im Voraus an. Was auf dem Papier sterbenslangweilig klingt, entpuppt sich aber auf dem Schlachtfeld als unglaublich spaßiges und süchtig machendes Spielprinzip, welches dank cool inszenierter Kämpfe auch beim hundertsten Zusehen nicht langweilig wird. Die Spieltiefe zeigt sich besonders dann, wenn es um Teambildung und Unterstützung unter den Verbündeten geht, der Gegner einem zahlenmäßig weit überlegen ist, oder es neutrale Einheiten zu schützen gilt. Hinzu kommen viele RPG-Elemente wie „looten und leveln“ oder Waffenverbesserungen und ein „Schere Stein Papier“-Prinzip im Zweikampf.
Zu guter letzt sitzt euch nonstop der Permadeath im Nacken, immer darauf aus eure liebsten Einheiten wegen eines winzigen Fehlers für immer aus dem Spiel zu streichen…. Naja oder auch nicht, denn um das Spiel einsteigerfreundlicher zu gestalten, hat Nintendo einen Modus in Fire Emblem: Awakening eingeführt, in dem der Permadeath ausgeschaltet ist. Dieser ist allerdings nur rein optional und es ist auch zu empfehlen diesen auch als Einsteiger nicht unbedingt zu spielen, da auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad das Spiel schon sehr fair ist und man den Einheitentod mehr oder weniger mit absoluten Fehlentscheidungen provozieren muss. Doch wie gesagt, beide Modi sind rein optional und so kann jeder für sich selbst entscheiden, wie er Fire Emblem: Awakening spielen will.
Der Prinz und der Bettler
Was für Gameplay gilt, gilt auch bei der Story in Fire Emblem: Oberflächlich ziemlich langweilig, tatsächlich aber unglaublich gut. Grundsätzlich geht es in jedem Fire Emblem um das Gleiche: Böses Königreich greift gutes Königreich an, um den Nationalschatz zu stehlen, welcher (natürlich rein zufällig) die Macht hat, einen mächtigen Dämon auf die Erde zu rufen, um die Apokalypse einzuleiten. Das Adelshaus des guten Königreiches kann das natürlich nicht zulassen und stellt eine Armee aus Gefährten zusammen, welche dann zusammen gegen das böse Königreich kämpfen. In Awakening übernimmt diese Rolle der yllesianische Prinz Chrom, welcher euch eines Tages vom Straßenrand aufgabelt und zu dem Taktiker seiner sogenannten „Hirten“, einer Gruppe ehrenamtlicher Beschützer des Reiches macht.
Erzählt wird Fire Emblem in erster Linie in äußerst statisch inszenierten Dialogen,welche allerdings so gut und lebendig geschrieben sind, dass es wirklich Spaß macht, diesen zu folgen. Außerdem ist die Story gespickt mit Plot-twists und emotionalen Momenten. Lesen lohnt sich in jedem Fall, die Story weiß wirklich gut zu unterhalten und motivieren. Hinzu kommen eine Hand voll Cutscenes, in denen Action und Drama gezeigt wird. Diese sehen nicht nur toll aus, sondern sind auch gut eingesetzt um Dialoge aufzulockern. Die Charaktere sind ein weiterer Pluspunkt. Statt einem Haufen Edelmänner und -frauen, begegnet ihr Charakteren, wie sie unterschiedlicher und lebhafter nicht sein könnten. Wenn dann auch noch Gespräche zwischen all diesen verschiedenen Persönlichkeiten entstehen, bekommt man immer wieder unglaublich lustige, traurige und auch süße Momente zu Gesicht. So ungewohnt es anfangs auch ist, so viel in einem Spiel im Jahre 2013 zu lesen: Wer einfach nur stumpf die Dialoge wegklickt, verpasst eine wirklich gut erzählte Story. Und Lesen hat einem auch noch nie geschadet.
Klingt gut, sieht gut aus
Schlechte Soundtracks sind bei Nintendo ja schon seit jeher Mangelware und Fire Emblem: Awakening macht da keine Ausnahme. Zugegeben, an den Ohrwurmfaktor eines Super Mario Bros. kommt das Fire Emblem Theme nicht heran, doch alle Tracks passen sehr gut in die Fantasywelt und haben dank Orchester auch die nötige Epicness. Ein weiteres Feature: Der Soundtrack verhält sich äußerst dynamisch. Wenn ihr einen Kampf beginnt, dreht die Musik noch mal ein Stückchen weiter auf, komplett nahtlos an den Track angepasst.
Auch optisch ist an Fire Emblem nichts auszusetzen. Natürlich sind die Charaktermodelle aufgrund der limitierten Hardware auch etwas undetailliert und Texturen verwaschen, doch man merkt, dass sich Nintendo Mühe gegeben hat, viel Optik aus der generell minimalistisch gehaltenen Oberfläche des Spiels herauszuholen. Um den 3D Effekt auf dem Schlachtfeld gut zu zeigen, sind Wände und Gebäude dreidimensional hervorgehoben, außerdem fliegen zwischendurch auch gerne Vögel oder Wolken durchs Bild. Die speziell designten Cutscenes hingegen protzen mit Effekten, Details und einem schön anzusehenden Animestil, welcher auch gut als Film rüberkäme. Die Grafik dieser Cutscenes als Ingame-Grafik in einem Fire Emblem für WiiU wäre definitv wünschenswert.
Anders aber absolut atemberaubend
Um Fire Emblem: Aweking genießen zu können, muss man vor allem eins: sich auf das Spiel einlassen. Was einen dann erwartet ist ein Spiel, so vernab des Genre-Mainstreams wie nur irgend möglich. Alles was man Awakening als Schwäche auslegen könnte – die Statik, die fehlenden echten Cutscenes, das nicht mehr ganz zeitgemäße Gameplay – ist vorallem eins: seine größte Stärke. Statt die Story halbherzig in dynamischen Cutscenes zu erzählen bleibt Nintendo bei statischen, aber dafür detaillierten Dialogen und setzt wenige dafür aber gute Cutscenes an den passenden Stellen ein. Fire Emblem: Awakening gibt dem Spieler ein wesentlich langsameres Tempo vor, als man es heutzutage gewohnt ist, doch setzt es diese seltsame Eigendynamik mit einer Konsequenz durch, als ob es uns sagen wollte: „Ich bin nicht zu langsam, du bist nur zu ungeduldig“.
Fire Emblem: Awakening enfacht seinen Zauber für alle, die bereit sind, sich auf die Eigenheiten der Serie einzulassen. Bei manchen Dingen ist Nintendo Kompromisse eingegangen mit denen Serienveteranen und Neueinsteiger gleichermaßen leben können. Doch das meiste ist und bleibt Fire Emblem in Reinform, manchmal sogar besser umgesetzt als vorher. Awakening kann sich wahrlich als einen würdigen Teil der Serie bezeichnen und wir wünschen dem Titel viel Glück beim kommerziellem Erfolg.
Unsere Wertung:
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